Sonntag, 15. Februar 2009

Der November... eine Fortsetzung.

Achja... wie konnte nur schon wieder so viel Zeit ins Land ziehen... Eigentlich haben wir hier auch schon wie alle anderen auf der Welt Februar und nicht wie alle anderen auf der Welt schon fast wieder 30°C. Mein aus Deutschland mitgebrachter Deo-Stick neigt sich bald zum Ende, aber ich habe fleißige Helferlein schon mit einer Neulieferung beauftragt... Bei einem Völkchen, das in quasi keiner Situation zu transpirieren beginnt traue ich den Deo hier nicht! Entweder brauchen sie keine oder sie sind so dermaßen "gut" , dass ich sie lieber nicht ausprobieren möchte... aber egal...

Der November geht weiter.

Die Erinnerungen an das letzte Wochenende wurden leider schnell von einem argen Sonnenbrand auf meinen Oberschenkeln ausradiert. Von selbigen sollte ich noch weit über eine Woche gut haben und den umumkehrbaren Schluss ziehen, beim Rafting in einem Land wie Taiwan lieber eine lange Hose anzuziehen! ... auch wenn es noch so heiß ist. Aber leider war ich noch nicht in dem Besitz dieser Weisheit als ich hier ein paar Stunden meine Beine um den Rand eines Gummibootes gewickelt und meine weißen Stampferchen bereitwillig in die pralle Mittagssonne gestreckt hatte.
Von der erniedrigenden Suche nach ein After-Sun-Creme in einem Land das von möglichst weißer Haut besessen ist, möchte ich an dieser Stelle garnicht erst anfangen. Das einzige was Yasmine nach zwei Tagen gefunden hatte war ein kühlendes Aloe-Gel. Vorher hatten aber gewisse Angestellte eines Toilettenartikelladens sichergestellt uns ein stark alkoholhaltiges Wässerchen mit Make-Up-Partikeln anzudrehen... wäre ja auch wirklich ein Gesichtsverlust wenn jemand meine roten Beine sehen würde!? Ganz im Gegenteil... versuch mal in Norddeutschland in November so einen ordentlichen Sonnenbrand mit gründlichem Peeling-Effekt zu bekommen! ... das nur nebenbei: Ich bin dazu übergegangen abgesehen von Strandbesuchen nur noch lange Hosen zu tragen.

Auf der Suche nach Sonnenmilch unter Lichtschutzfaktor 75 verging die Woche dann auch wie im Fluge und am nächsten Samstag war für Yasmine ein wichtiger Termin angesagt. Sie hatte sich vielleicht etwas voreilig für einen nationalen Redewettbewerb in der Sun Yat-sen Memorial Hall angemeldet und so hieß es am (fast heiligen) Samstag für uns um 6:30 aufzustehen um rechtzeitig zu Anmeldung am anderen Ende der Stadt zu sein. Die Startnummer baumelte schnell um Yasmines Hals und so fingen wir an die ersten Redner zu bewundern.

Shengjie hatte von Yasmines Vorhaben Wind bekommen und hatte sich auch bei uns im Publikum eingefunden. Nach gefühlten 2 Stunden (etwa einer) mehr oder minder spannender Reden und dem ein oder anderen unfreiwillig komischen Auftritt, war Yasmine dann schließlich auch dran. Zu ihrem Unglück wurde direkt vor ihrem Auftritt leider noch eine Pause für die Jury eingeschoben und so ging ihre Rede meiner Meinung nach zu sehr im allgemeinen Wiederreinkommen und Gepacke der Zuschauer unter und auch die Jury war noch dabei sich zu sortieren als die Startglocke für sie klingelte. Ich kannte die Qualitäten ihrer Rede natürlich schon aus so mancher Rezitation, aber da sich die Organisatoren obendrein dazu entschieden hatten das Mikro etwa 2 Meter vom Redner entfernt aufzustellen, kam bei mir in der 5ten oder 6ten Reihe nicht mehr viel an.
Nach Yasmines Rede konnten wir uns anhand der restlichen Teilnehmer ziemlich präzise ausrechnen, dass mit einer Bekanntgabe der Gewinner nicht vor dem Abend zu rechnen sei. Also machten wir uns zusammen mit Shengjie auf und bummelten noch ein wenig durch die anliegenden Shopping-Center. Die längste Zeit hielten wir uns beim Eslite-Bookstore auf ... falls ich es noch nicht erwähnt haben sollte... der "Buchladen" ist 4 Stockwerke hoch und jede Etage hat mindestens die Größe eines Fußballfeldes. Zwar ist die Anzahl englischsprachiger Bücher im Vergleich gering (und ich bin noch nicht bereit Chinesisch zu Entspannung zu lesen), aber es reicht trotzdem, zusammen mit ihrer CD-Abteilung, mich jedes Mal für eine ziemlich lange Zeit zu fesseln.
Gegen frühen Abend fanden wir uns wieder bei der Gedächtnishalle ein und lauschten noch der ein oder anderen Rede zu verschiedenen vorgegebenen Themen. Manche waren wirklich gut und hatten viele gute Einfälle, aber zu unserem Erstaunen wurde keiner unserer präferierten Kandidaten inkl. Yasmine für einen Preis ausgesucht. Nachdem sich einige Preisrichter (namhafte Professoren aus Taipei) zu den Kriterien ihrer Auswahl äußerten wurde alles noch ein wenig wunderlicher.
Aber um es kurz zu machen. Es haben ausschließlich die langweiligen Schlipsträger alles vom 1sten bis zum 5ten Preis abgeräumt. Ihre Inhalte widersprachen dabei manchmal sogar wörtlich den Auswahlkriterien der Jury für eine gute Rede. Beispiel: Wenn man das Thema "Warum lerne ich Chinesisch" wählt, sollte man nach Angaben der Jurymitglieder selbige nicht mit Alltäglichkeiten behelligen. Den zweiten Preis gewann aber trotzdem ein blasser Brite, der sich in akzentreichen Chinesisch über die Schönheit chinesischer Kalligrafien auslies und es sich auch nicht nehmen ließ ein paar seiner eigenen mitzubringen. Nur nebenbei: Ein weiteres Kriterium der Jury war es keine Hilfsmittel außer den eigenen Händen mitzubringen!?
Auch zu den Händen ließ es sich ein anderes Jurymitglied nicht nehmen etwa 5 Minuten seine Auswahlkriterien zu erklären... "keine wilde Gestik"... "nicht vor der Jury umherlaufen".










An dieser Stelle kann ich es nicht lassen diese beiden Bilder von einem holländischen Japanologie-Studenten (wer hätte es gedacht) zu posten. Er ist während seines Vortrages wirklich die ganze Zeit umher gelaufen von einer Seite der Bühne zur anderen und hat dabei fast unkontrolliert seine Arme vor sich her geworfen... und nun Achtung! Er hat den Sonderpreis für einen kreativen Auftritt gewonnen!

Naja... abgesehen von den Ärgernissen bei der Auswahl der Gewinner... Dabeisein ist alles!

Nach dem Redewettbewerb trafen wir uns draußen noch mit Shengjies Schwester "Eve" (ich muss sie dringend mal nach ihrem chinesischen Namen fragen). Nach einem kleinen Plausch packte sie dann auch Shengjie ein und wir machten uns auf den Nachhauseweg.
Den Abend verbrachten wir ganz gemütlich vor dem Fernseher.

Neben Lernen, Essen und Einkaufen geschah dann am Sonntag auch nichts mehr besonderes und das einzige was mir noch erwähnenswert erscheint, ist, dass ich mich am Sonntagabend aufgrund eines erstaunlich klaren Himmels dazu entschied meiner Passion nachzugehen von unseren Dach aus Fotos zu schießen.

Die nächste Woche stand dann ganz im Zeichen meines ersten Semesterabschlusstests. Heißt: Lernen!

Am Donnerstag dem 13. war es dann soweit. Um 14 Uhr versammelten meine Mitstudenten und ich uns vor dem Sprachlabor und durften noch ein paar Minuten mit zittrigen Fingern in unseren Lehrbüchern wühlen. Dann ging es rein... wir wurden gründlich auf die kleinen Boxen verteilt in denen uns die blauen, versiegelten Prüfungsbögen gegenüberlagen. Aber die Aufregung war schnell verflogen. Unser Lehrer hatte uns glänzend vorbereitet und so fühlte ich mich bei fast allen Aufgaben relativ gut . Ich bin mir zwar fast sicher, dass meine Stimme bei meinen mündlichen Prüfungen nicht so fest geklungen hat wie ich es gerne gehabt hätte, aber was will man machen... :)

Am Freitag verkündete mein Lehrer dann schon, dass er meine Punktzahl bereits auf 96% runtergeprügelt hatte. Die mündlichen Prüfungen sollten dann allerdings erst später ausgewertet werden, aber nach seiner Ansicht sollte ich mit einer Prozentzahl über 90 rechnen können. Damit konnte ich natürlich mehr als gut leben und somit entspannt ins Wochenende starten.
Yasmine und ich hatten gerüchteweise erfahren, dass es unter dem Japanischen Department-Store "Sogo" einen Supermarkt mit vielen europäischen Sachen geben sollte und so packten wir unsere Portemonaies ein und machten uns auf den Weg. Nur wenige Stunden später saßen wir mit einem zufriedenen Lächeln wieder bei uns auf der Couch... vor uns ein Paket Gjetost aus Norwegen (mein Lieblingskäse) und ein Stück Gouda vom Stück! Man glaubt garnicht wie gut ein ordinärer Frico-Gouda schmecken kann!

Am Sonntag sollten Yasmine und ich Zeit finden mal eine gemütliche Radtour am Fluß hinter unserer Wohnung zu machen.

Die extra für den neuen Trend "Fahrradfahren" angelegte Asphaltstraße war wirklich sehr praktisch und so waren wir nach mehr als 3 Stunden um viele schöne Ausblicke und um die Erkenntnis lange nicht mehr Rad gefahren zu sein reicher!

Und wie man sieht... nicht nur die Beleuchtung an der Brücke gab sich Mühe zu glänzen... nein, auch die Sonne legte sich richtig ins Zeug uns einen netten Abend zu machen!

So... für heute höre ich dann auch mal wieder auf. Wie man sieht... ich war diesmal wieder ein wenig textlastiger, aber das kann ich jetzt auch nicht mehr ändern. Ich hoffe wirklich, dass ich es demnächst mal wieder öfter schaffe mich hier auszulassen, aber um ein wenig die Spannung rauszunehmen... Am Montag hat mir mein Lehrer dann meine 93% bestätigt und ich muss sagen, ich bin darauf nicht ganz unstolz!

In dem Sinne... bis bald!