Dienstag, 2. Dezember 2008

Aufholen durch Auslassen...

Soo... liebe Leser,

die Menge der noch nicht bearbeiteten Tage und Woche häuft sich hier langsam zu einem hässlichen Gebilde und ich glaube ich werde nicht mehr drum herum kommen grobe Auslassungen vorzunehmen.

Also will ich jetzt keine Zeit verlieren und gleich loslegen:

Oh Gott... ich traue mich kaum es zu schreiben... Am 4. Oktober 2008, einem schönen Samstag haben Yasmine und ich auf einen Tipp von deutschen Mitstudenten uns auf den Weg gemacht einen neuen Strand im Norden von Danshui (ein Vorort von Taipei) zu erkunden. Nach einer entspannten Stunde Bahnfahrt und noch einer 3/4 Stunde Bus kamen wir auch an... und wir waren arg enttäuscht. Merkwürdige Betonfassaden und außerirdisch anmutende Ruinen umrahmten den Strand der mit dem schönen Namen "Weißer Sand" betitelt wurde. Den weißen Strand konnte ich leider auch nicht entdecken, sondern viel mehr erschreckend dreckigen Sand und eine Gruppe von Rettungsschwimmern die in tapferer Manier sich glatte zwei Meter ins Wasser getraut hatten um die Absperrung im Wasser anzubringen und somit den etwa 20m breiten und 2m tiefen Abschnitt Wasser abzusperren, den sie bereit waren zu überwachen. Und nur um Verständnisprobleme auszuschließen... das Wasser war nicht zwei Meter tief... sondern viel mehr ging es mir bis zu den Knien. Und die Rettungsschwimmer bewachten auch den Rest den Strandes, aber wenn man es nur wagte seine Füße tiefer als 20cm in den reißenden Fluten zu versenken wurde man dem schrillen Ton ihrer blitzenden Trillerpfeifen belohnt.
Entsprechend genervt beschlossen Yasmine und ich, ohne unsere Badesachen ausgepackt zu haben wieder abzuziehen und an den anderen Strand zu fahren, an dem wir vorher schon einmal gewesen waren. Dort war es dann auch ganz gemütlich und vor allem leerer... Taiwaner mögen es offenbar lieber wenn sie in einem kleinen Bojenkäfig schwimmen dürfen.

Nachdem wir dort ein paar entspannte Stunde unter der Sonne Taiwans verbracht hatten machten wir uns auf unsere beiden neuen Bekannten aus Deutschland/Berlin zu besuchen. Yasmine kannte das Paar von den Auswahlgesprächen des Stipendiums. Susi und Kiem (das ist Lautschrift, ich weiß nicht wie man den Namen wirklich schreibt) sind zusammen mit ihrem kleinen Sohn William hier und lernen auch Chinesisch. Zusammen mit ihnen haben wir dann noch den Nachtmarkt von Danshui erkundet und haben uns danach in ihrem zwar alten aber gemütlichen Häuschen noch für einen Plausch niedergelassen.

Der Rest des Wochenendes verging ruhig und ereignislos und somit mache ich quasi einen "kleinen Sprung nach vorn" und lande auch schon beim 10.10., dem Nationalfeiertag der Taiwaner! Die Taiwaner feiern an diesem Tag die Gründung ihrer Republik. Yasmine und ich wollten eigentlich ein paar der angekündigten Paraden anschauen, aber da wir beschlossen an einem unserer wenigen freien Tagen des Jahres auszuschlafen kamen wir erst gegen 10 aus den Federn und waren entsprechend erst ein wenig später auf der Straße wo das ganze stattfinden sollte. Dort bot sich uns wirklich ein merkwürdiges Bild. Es war wirklich kaum ein Mensch auf der großen abgesperrten Straße, die für die Paraden genutzt wurde. Die Paraden hatten wir zwar anscheinend verpasst, aber es war schon wunderlich, dass wirklich niemand außer ein paar vereinzelten Polizeihaufen auf der Straße befanden. Und es war nicht nur eine Straße abgezäunt. Anscheinend hatte die Stadtregierung mit weit mehr Menschen gerechnet, aber seit dem Regierungswechsel und einer steten wirtschaftlichen Stagnation (oder schlimmer) gibt es anscheinend auch eine Menge Menschen, die ihrem Staat nicht allzu viel abgewinnen können. Als ich am nächsten Tag meinen Lehrer nach diesem gespenstischen Szenario befragte meinte er, dass das in den letzten Jahren nicht ungewöhnlich sei und dass sowohl Zuschauer als auch die Aufführenden der Paraden dafür bezahlt werden würden. Ein Glück, kann ich da nur sagen, dass Deutschland eine Fußball-WM hatte und so mal wieder ein wenig Selbstbewusstsein aufbauen konnte.
Da uns die Paraden an diesem Tag nichts mehr zu bieten hatten, schwenkten wir um und waren schnell an der Chiang Kai-shek Memorial Hall angekommen. Auch dieser riesige patriotische Platz war nicht weniger leer als sonst. Yasmine hatte sich aus lauter Begeisterung über den Double-Tenth-Holiday (10.Oktober) auch noch ein kleines Taiwanfähnchen gekauft und musste nun auch beschämt feststellen, dass sie die einzige auf diesem riesigen Platz war die eine Fahne in der Hand hielt und von den Taiwanern teilweise bestürzt beäugt wurde. Schon eine komische Atmossphäre und so zogen wir es vor uns im inneren der Memorial-Hall umzusehen, da wir das in unserem bisherigen Aufenhalt noch nicht geschafft hatten. Auch unseren Reiseführer hatten wir diesbezüglich noch nicht konsultiert und so waren wir überrascht das neben einer riesigen Statur von besagter Person in den Untergeschossen auch noch die verschiedensten Ausstellungen untergebracht waren. Neben einer Eiszeit-Austellung für die man horrende Summen zahlen sollte waren auch noch wirklich großartige chinesische Tuschezeichnungen mit schier unglaublicher Tiefe umsonst anzusehen. Letztere schauten wir uns dann auch ausgiebig an und ließen die von kleinen kreischenden Kindern bevölkerte Eiszeit links liegen... auch wenn ich auch sehr versucht war mich in die ewig lange Schlange zu stellen an dessen Ende man sich mit einem 2,5m hohen Stoff-Mammut fotografieren könnte. Nicht etwa dass die Schlange von den Ausstellern organisiert worden wäre... nein... Taiwaner stellen sich von alleine in eine geordnete Reihe wenn es darum geht ein merkwürdiges Andenkensfoto zu schießen.

Achja... was ich an dieser Stelle kurz bemerken muss... Es ist ein riesiger Vorteil in einem photophilen Land zu leben! Denn wenn man selber ein Foto von irgendetwas schießen will... sei es eine 500m breite Schlucht oder eine 1cm große Blume, die Taiwaner haben ein wunderbares Gespür für das sanfte Surren des Autofokus und warten geduldig außerhalb des Bildes ohne das man sie darum bitten müsste! Großartig!

Aber das nur am Rande. Da man leider von der eben erwähnten Ausstellung keine Fotos machen durfte, mussten wir natürlich noch weiter und ein Geschoß weiter unten konnte man auch gleich eine etwas merkwürdigere Austellung besichtigen. Sie sollte wohl eigentlich das Leben von Chiang Kai-shek (蔣介石) dokumentieren... aber leider muss ich sagen, dass ich das Gefühl hatte, dass sie es nicht weiter schafften als einen enormen Haufen von wenig aussagekräftigen Gegenständen hinter Glas zu stellen oder zu legen. Neben seinen verschiedenen auf Hochglanz polierten Dienstwagen und ungelogen etwa 20 Vitrinen mit den verschiedensten Medaillen und Orden (ingesamt bestimmt über 100!) konnte man außerdem noch ein paar Kleidungsstücke finden... naja... Ich will nicht meckern... allein schon wegen der Bilder ein Geschoß weiter oben hatte es sich schon gelohnt!

Aber um wieder zu der gespenstischen Stimmung draußen zurück zu kommen. Als wir wieder vor die Tore der Memorial-Hall stiefelten hatte Petrus sich den Himmel prophetisch zuziehen lassen. Zu den leeren Straßen kam nun noch ein sehr atmossphärischer Himmel, der wirklich enorm gut zur apokalyptischen Stimmung in den leergefegten Straßen beitrug.
Hier zwei Beweisfotos:










Und mit diesen beiden hübschen Bildern beende ich auch meine Beweisaufname für heute und hoffe, dass ich bald wieder dazu komme weiter aufzuholen!

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Stimmung auf den letzten beiden Fotos ist wirklich gut eingefangen, fast kommt es einem surreslistisch vor.
Übrigens der Dienstwagen vom Staatsgründer steht im Museum sicher genau richtig. Würde er noch fahren, wäre der Verbrauch sich zwischen 40 und 50 Liter aauf 100km.

Unknown hat gesagt…

Moin Clemens,
Christel und ich gratulieren Dir herzlich zum Geburtstag. Alles Gute! Genieße die Zeit im Warmen, denn hier ist es naßkalt und ungemütlich.
Viele liebe Grüße
Horst

Anonym hat gesagt…

Also ich finde die "Merkwürdige Betonfassaden und außerirdisch anmutende Ruinen" eigentlich ganz gut könnten eventuell eine Renovierung vertragen.
Gruß Tobias