so... die Überschrift reicht auch schon an Stammtischweisheiten...
...hier wird schließlich gearbeitet und kein Bier getrunken. Wir waren am Sonntagmorgen stehengeblieben. Was ich vorher vielleicht noch nicht erwähnt habe... Yasmine hatte sich eine Gitarre von Shengjie geliehen. Selbige stand bei ihm auch nur rum nachdem ihm ein Freund von ihm sie ihm geschenkt hatte... Gitarren scheinen hier nicht so beliebt zu sein... Sie schien bei Shengjie schon eine Weile rumgestanden zu haben. Auf jeden Fall zerstörte Yasmine beim ersten Stimmversuch gleich mal die hohe E-Saite, es ist die dünnste. Zu ihrer Ehrenrettung muss ich an dieser Stelle erwähnen, dass es Metallsaiten waren und sie schon ziemlich verrostet waren.
So... noch ein wenig Vorgeschichte. Ein paar Tage vor dem Sonntag, von dem ich eigentlich erzählen möchte war Yasmine etwa eine halbe Stunde durch die pralle Sonne gelaufen und das nur weil der Laden nicht mehr bei der angegebenen Adresse war, aber im Schaufenster der zarte Hinweis prangte wo denn der neue Laden ist. Dort hatte sie sich dann neue Nylonsaiten gekauft, ohne zu wissen, dass man auf einer Metallsaitengitarre zwar Nylonsaiten einspannen kann, sie aber ums Erbrechen nicht auf den richtigen Ton bekommt.... es sei denn: ZOING! Genau... die Saite reißt. Soviel zu den Gründen warum ich am schönen Sonntagmorgen Yasmine zu dem besagten Gitarrenladen begleitete (Toll ne... ein Gitarren- und Musikinstrumenteladen der am Sonntag offen hat). Der Angestellte des Ladens zeigte sich sehr höflich uns sachlich und spannte für den günstigen Preis von zwei Euro auch gleich einen komplett neuen Satz Metallsaiten ein und stimmte die Gitarre. Da sich neue Saiten allerdings erfahrungsgemäß am Anfang sehr schnell wieder verstimmen kaufte Yasmine sicherheitshalber noch ein sehr preiswertes elektrisches Stimmgerät dazu. So gut vorbereitet konnten wir dann auch mit unseren richtigen Sonntags-Plänen beginnen.
Denn eigentlich wollten wir an diesem besagten schönen Sonntag mit der wunderschicken Maokong-Gondel in die Tee-Plantagen-Berge im Südosten von Taipei fahren und dort wollten wir dann mit den besten Teesorten Taiwans anstoßen und eine wahrlich majestätische Aussicht genießen... aber nachdem wir nun geduldig die etwa 30-40 minütige Anfahrt mit der MRT über uns ergehen haben lassen konnten wir schon von weitem Menschentrauben sehen und wir ahnten schon, dass dies das Gebäude ist von dem aus man seine Reise in die Teeberge antreten sollte. Also raus aus dem klimatisierten MRT-Wagen... Wir hatten kaum angefangen vernünftig zu schwitzen da standen wir auch schon in der Menschentraube, die das Maokong-Gondola-Gebäude umgab. Und jetzt der Witz... wir fanden einen "Kartenstand" draußen vor der Tür... wo tatsächlich nur zwei Menschen anstanden. "Hey" dachten wir und stellten uns an. Während wir noch warteten und standen fiel uns ein Schild ins Auge. Da stand: "Tickets für die Gondel gibt es nur im 4. Stock" ... ok... das haben wir kapiert, also raus aus der Schlange und ins Gebäude... Meeeep, FALSCH.
Wir irrten ein wenig durch die unorganisierten Menschenmassen und unsere Hilflosigkeit in Ermangelung eines schöneren Hinweisschildes scheint wirklich deutlich auf unseren Gesichtern lesbar gewesen zu sein, denn es erbarmte sich ein etwas fülliger Herr und beugte sich väterlich zu uns herunter. In einem tollen Englisch, wie ich es lange nicht mehr gehört hatte, erklärte er uns, dass man sich bei dem Stand, den wir gerade verlassen hatten eine Warteticket kaufen kann... quasi die Erlaubnis das Gebäude, in dem man dann die richtigen Karten kaufen kann, betreten zu dürfen. Mit meinen Adleraugen erspähte ich sein Warteticket und las schockiert seine "Einlasszeit". Er stand ganz vorne in der Schlange und er sollte sich jetzt noch entspannte 1 1/2 Stunden die Beine in den Bauch stehen... dolle Sache dachten wir uns nahmen alle unsere Rechenkünste zusammen und kamen zu dem Ergebnis, dass wir wahrscheinlich gute vier Stunden hätten warten dürften und dann auch nur noch etwa eine Stunde auf dem Berg verbringen dürften bis die letzte Gondel wieder zurück gondelt...
Es fiel uns danach nicht wirklich schwer auf dem Absatz kehrt zu machen und umzuplanen. Da die Maokong-Gondel ganz in der Nähe des Taipei-Zoos lag, drängte sich in unseren Köpfen folgender weiser Satz unserer ersten Chinesisch-Lehrerin auf: "Wenn sie mal etwas Trauriges sehen wollen, dann gehen sie in den Zoo in Peking"
...nun "wir sind in Taipei, nicht in Peking", dachten wir uns und genügend Trauriges hatten wir heute schon gesehen, also marschierten wir rüber. Und es sah tatsächlich relativ leer aus... ABER auch nur weil der Zoo gerade zu gemacht hatte und nur ein kleiner Rest versprengter Taiwaner noch nicht den Ausgang gefunden hatte.
Jetzt waren wir verschwitzt und wirklich gründlich frustriert, denn bis auf die neuen Gitarrensaiten war heute noch nichts geglückt... Also blieb nur noch eine Möglichkeit übrig... Vergnügen! Und das bekommt man in Taipei, dem malträtierten Reiseführer nach, in Ximending, dem größten Einkaufs- und Vergnügungsviertel Taipeis.
Wir waren gerade in der MRT-Station von Ximending angekommen und schlurften immernoch ein wenig genervt zur nächsten Treppe richtung Tageslicht... da plötzlich... da war es. Zuerst in meinem Augenwinkel, dann konnte ich den Blick nicht mehr abwenden. Ein großes Werbeplakat proklamierte lautstark den einjährigen Geburtstag der Maokong-Gondel und ließ nicht aus zu erwähnen, dass es die fiese kleine Gondel in einem Jahr fertig gebracht hatte drei Millionen Menschen in die Berge zu bringen. ...ein Glück, dass die asiatische Etikette es verbietet laut und ausfällig zu werden, aber immerhin wissen wir jetzt wie sie das geschafft hat! ...
Und da lockten mich auch schon die Leuchtreklamen und Großleinwände die Treppen hoch. Da wir zwischendurch nicht wirklich Zeit hatten etwas zu essen und es immerhin schon später Nachmittag war, sollte uns das erstbeste Restaurant zum Opfer fallen. Überraschenderweise schien unsere Pechsträhne vorbei und für etwa fünf Euro bekamen wir ein stattliches Menü mit einem wirklich guten Salat und einer Suppe... Nachdem wir wirklich satt waren, fühlten wir uns bereit uns ein wenig den Frust von der Seele zu shoppen. Naja... ich habe dann zwar eine ganze Weile nichts gefunden, aber dann habe ich mir doch noch eine viel zu teure Tasche für die Uni gekauft. Yasmine beließ es bei einem T-Shirt und einer Sonnenbrille.
Müde aber befriedigt fuhren wir dann noch 2 Stationen nach Hause und fielen erschöpft ins Bett.
So... jetzt entschuldige ich mich noch dafür, dass ich aus meinem Frust heraus kaum Fotos gemacht habe und dann gehe ich auch gleich ins Bett, aber vorher poste ich als Entschädigung noch ein paar Kuriositäten.
Gute Nacht
Clemens
PS: Ich weiß... ich habe heute nur einen Tag geschafft... aber die Uni ist heute losgegangen... aber ich werde mich anstrengen!
Special: Mein neues Handy :-)
vor 15 Jahren
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